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Inklusive Akademie

Artikel im INFODIENST Magazin für kulturelle Bildung

  • Autorenbild: Team
    Team
  • 8. Nov.
  • 3 Min. Lesezeit
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Theater gegen Diskriminierung

Da war dieser Moment im Theaterkurs: Ein Mädchen wurde von einem Jungen

rassistisch beleidigt. Die Erwachsenen griffen ein und schickten den Jungen vor die

Tür. Man konnte hören, wie er von draußen gegen die Wand schlug. Was im

Gedächtnis blieb, war der hoffnungslose Gesichtsausdruck des Mädchens, denn

diese Erfahrung war nicht neu für sie:  Immer wieder sind ihr Menschen begegnet,

die sie mit Worten verletzen. 

Der Vorfall führte dazu, dass der Theaterkurs inhaltlich verändert wurde. Er sollte

genutzt werden, um mit Kindern und Jugendlichen zu proben, mit diskriminierenden

Situationen umzugehen, sich selbst stark zu machen und Haltung zu zeigen. Die

Inklusive Akademie, Teil des Vereins Würzburg KUlturS e.V., konnte durch die

Finanzierung über das Bundesprogramm »Demokratie leben!« im Jahr 2024 das

Projekt »Empowerment an Förderschulen – Mia & Majid verbessern die Welt« mit

dem Ziel einführen, Schüler:innen wehrhafter gegen Diskriminierung zu machen. Das

Projekt kam in mehreren Klassen und in klassenübergreifenden Mädchengruppen

einer Förderschule zum Einsatz. Insgesamt nahmen 67 Schüler:innen teil. 

Empowerment

Mithilfe verschiedener Theatertechniken beschäftigten sich die Schüler:innen mit

dem Thema »Diskriminierung«. Szenisch wurde geübt, mit rassistischen Äußerungen

an der Bushaltestelle umzugehen. Mit Unterstützung der Zuschauer konnten

verschiedene Möglichkeiten des Umgangs getestet werden, sodass am Ende des

Kurses jede:r Schüler:in einen ganz eigenen Methodenkoffer zur Verfügung hatte:

Hilfe von Umstehenden holen, Anzeige erstatten, einfach weggehen, mit

Freund:innen darüber sprechen oder einen guten Spruch sagen. Beim szenischen

Spiel wurde stets darauf geachtet, dass Schüler:innen in der Szene nicht aufgrund

ihrer persönlichen Merkmale diskriminiert wurden.  Nach der Methode von Keith

Johnstone, dem Erfinder des Improvisationstheaters, veränderten die

Kursteilnehmer:innen Körperhaltung und Stimmlage, um ihren sozialen Status zu

erhöhen und stark und selbstbewusst zu wirken. 

Außerdem beschäftigten sich die Jugendlichen mit Gesetzestexten und Fachbüchern

zum Thema und suchten gemeinsam nach guten Sprüchen, die möglichst allgemein

anwendbar waren.  

Weitere Aktivitäten

Das Projekt entwickelte sich weiter. Ein von Rassismus betroffenes Mädchen bat

darum, das antirassistische Buch »Steck mal in meiner Haut!« von Saskia Hödl, Pia

Amofa-Antwi und Emily Claire Völker seiner Klasse vorlesen zu dürfen. Das

Mädchen stellte ihre Buchpräsentation in einem Fernsehbeitrag sowie bei der

Sitzung des Behindertenbeirats der Stadt Würzburg vor. 

Für die Mia & Majid-Mädchengruppe wurde ein professionelles Fotoshooting

organisiert, um sichtbar zu machen, dass jede Hautfarbe wunderschön ist. 


Um die Ergebnisse des Projektes festzuhalten, wurde mit zwei Schüler:innen ein

kurzer dokumentarischer Antirassismus-Film gedreht, der das Thema aus der Sicht

von Betroffenen, Unterstützern, Polizei und Psychologin darstellt. Der Film wird in

unseren Kursen und Workshops gezeigt, zusätzlich stellen wir ihn Schulen als

Lehrmaterial zur Verfügung. 

Fazit

Die Reaktion auf den Kurs fiel durchweg positiv aus. Lehrer:innen zeigten sich

erfreut, dass Kinder und Jugendliche Raum erhielten, sich vertieft mit dem Thema

auseinanderzusetzen, weil dafür während des regulären Unterrichts die Zeit

fehlt. Schüler:innen äußerten, dass sie es gut fänden, zu lernen, mit diesen Gefühlen

umzugehen, Lösungen zu finden und anderen zu helfen. Selbst Teilnehmer:innen,

die nicht selbst von Rassismus betroffen sind, bewerteten es positiv, mal eine andere

Position einzunehmen, um zu erfahren, wie es sich anfühlt, Diskriminierung zu

erleben. Und von Rassismus betroffene Schüler:innen, sagten, sie fänden es gut,

wenn andere lernten, was man nicht machen soll. 

Der Empowerment-Kurs mit theaterpädagogischen Methoden ist mittlerweile fester

Bestandteil des Angebots der Inklusiven Akademie und wird von Schulen für ganze

Klassen gebucht. Neue Formate zum Thema Empowerment und Diskriminierung

sind für das Schuljahr 25/26 bereits genehmigt. Das Projekt hat gezeigt, dass

Theater sich zur Stärkung des Selbstbewusstseins eignet: durch die

Auseinandersetzung mit Emotionen und sich selbst, die Erfahrung, wichtiger Teil

einer Gruppe zu sein und dem Applaus für die eigene Leistung. 

Durch das Theaterspielen kann man sich mit komplexen Situationen

auseinandersetzen, mit Verhaltensweisen experimentieren und proben, welches

Verhalten man in schwierigen Situationen abrufen möchte. Unser Wunsch ist, dass

die Jugendlichen sich in diskriminierenden Situationen nicht mehr hilflos fühlen und

den für sie bestmöglichen Ausgang aus der Situation aktiv mitgestalten können. 


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